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Dort ist der Treffpunkt der täglich um 10.30 Uhr beginnenden Free
Walking Tour. Free ist dabei relativ, es wird für die von Studenten
durchgeführte Tour am Ende ein Trinkgeld erwartet. Da die Leute
zahlreich erschienen, wurden wir in 6 Gruppen eingeteilt. Mit nur 6
anderen, englischsprachigen Touristen erhielten wir zuerst einen
Überblick über 300 Jahre brasilianische, koloniale Geschichte,
bevor der Rundgang begann. Zuerst 300 Meter zur Colombo Bakery,
einem kolonialen Kaffeehaus, in dem sich damals die Oberschicht
getroffen hat. Auch heute noch sehr beliebt bei den Carioca
(Einwohner Rios) und innen mit einem Flair, als wäre die Zeit stehen
geblieben. |
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Wir folgten der Fußgängerstrasse im historischen Zentrum mit
zahlreichen Geschäften zur Traversa do Comercio. Dort ist die kleine
Altstadt mit bunten, zweistöckigen Häusern, abends ein beliebtes
Ausgehviertel. Direkt angrenzend ragen ca. 25 stöckige, moderne
Büro Hochhäuser in den Himmel - der Kontrast könnte nicht größer
sein. Angrenzend an die Altstadt ist der Platz des 15. November (Praça
XV de Novembro) mit dem Königspalast von Rio de Janeiro (Paço
Imperial), ehemals Sitz des Kolonial-Gouverneurs und königliche
Residenz von John VI von Portugal, das ehemalige politische Zentrum
der Stadt, heutzutage ein frei zugängliches Museum. Wir gingen wir in
den Innenhof und sahen uns kurz die Ausstellung der brasilianischen
Geschichte an. |
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Von dort ist es ein Katzensprung zum Palácio Tiradentes. Der
ehemalige Nationalkongress und seitdem Brasilia Hauptstadt wurde
„nur noch“ der Sitz der gesetzgebenden Versammlung des Bundesstaates
Rio de Janeiro. Von dort liefen wir 5 Min. zum Cinelândia / Praça
Floriano Peixoto, ein großer historischer Platz mit alten,
prachtvollen Gebäuden und Büro-Glastürmen in unmittelbarer Nähe. So
befinden sich u.a. das Theater und Opernhaus Teatro Municipal mit
vergoldeter Kuppel, die Nationalbibliothek (die 7. Größte der Welt),
der Sitz des Stadtrates, das Landesgericht, als auch das Museum der
Bildenden Künste angrenzend. Dort war um 13 Uhr leider der
Moment gekommen, uns von der Gruppe zu verabschieden |
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Denn um 14 Uhr hatten wir vorab eine Favela Tour gebucht. Von der
U-Bahnstation unter dem Cinelândia Platz fuhren wir mit der Linie 1
für 9 Haltestellen zur Endstation Genral Osorio und dort mit der
neuen U4 (extra für die Olympiade gebaut), 4 Stationen bis Sao
Conrado. Am Ausgang waren wir mit Paul verabredet, der um endlich
14.10 Uhr eintraf. Die Station ist am Rande der Favela Rocinha
und wir fielen auf wie ein Kaninchen auf dem Mond. Nach kurzer
Vorstellung liefen wir über einen kleinen Markt (mit hauptsächlich
elektronischen Kleingeräten und Kleidung) zum Eingang der Favela,
mit richtigen Supermärkten und sonstigen Kurzwaren Läden. Auch wenn
es nett gemeint war, Paul wollte uns als Sozius auf ein Motorrad
verfrachten, um den Rundgang zu beschleunigen. |
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Das lehnten wir entschieden ab, denn der Verkehr war ein einziges
Chaos. Also liefen wir entlang schmaler Gassen und steiler Treppen
immer tiefer in die Favela hinein. Wir hatten keine Luxusgegend
erwartet, aber was wir sahen war erschreckend. Ärmliche Hütten im
Rohbau, Strom- und Wasserleitungen waren offen verlegt und das
Abwasser floss in einem offenen Rinnsal ab, dazu Müll in allen
Ecken. Aus dem Fenster und aus dem Sinn damit, so die Devise. Es
wurden offen Drogen geraucht und mir auch welche angeboten
(eindeutige Damen Angebote ebenfalls). Aber dennoch fühlten wir uns
mit Paul sicher, denn er schien fast jeden Dritten Bewohner zu
kennen, den er herzlich begrüßte und ein kurzes Schwätzchen hielt.
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Und genau das nervte, weil wir häufig 5 Min. wie blöde daneben
standen, sodass ich irgendwann mit "let us proceed please" höflich
meinen Unmut kundtat. Auch musste ich Paul alle Informationen aus
der Nase ziehen… Genug gemeckert, jedenfalls sind die
Wohnverhältnisse erschreckend, es gibt ein kleines Wohnzimmer und
ein Schlafzimmer in den Behausungen (die im Durchschnitt von 10
Personen bewohnt werden / 8 Kinder sind normal), wie wir sehen
konnten. Auch wenn die Häuser auf den ersten Blick chaotisch am
steilen Hang gebaut sind, gibt es bei Neubauten oder Aufstockung
eines Stockwerks sogar eine staatliche Bauaufsicht. Irgendwann
gelangten wir wieder auf eine Hauptstraße in der Favela, auf der
sogar ein Linienbus fuhr. |
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Von dort brachte uns
Paul nach 2,5 Std. zur U-Bahnstation zurück und wir fuhren zurück
zum Hotel. Auch wenn es Armut anschauen ist, sollte man eine Favela
in Rio besichtigen, da sie Teil der Stadt sind, in der 25% der
Bevölkerung in Brasilien leben. Nur halt besser mit einer
anständigen Agentur und nicht mit http://favelatourrio.com/
Eigentlich wollten wir noch auf den Zuckerhut, dessen Talstation
nicht weit vom Hotel ist, aber es zog immer mehr zu und alle
Berggipfel waren bereits im Nebel. Also suchten wir uns in einer
nahen Seitenstraße wieder ein Restaurant, in dem wir mit so manchen
Verständigungsproblemen beim Bestellen zu Abend aßen. Anschließend
gingen wir wieder in die Kneipe vom Vortag mit dem
Live-Samba-Gesang, wo wir diesmal gegen 22 Uhr den Abend für beendet
erklärten. |
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